Ungleichheit.Macht.(Hoch)Schule: (Un)Gleichheit im Bildungssystem

Veranstaltungsort: Campus der Universität Wien („Altes AKH“), Festivalzelt in Hof 1
Lage des Zelts: https://goo.gl/maps/8FjYQNtdnaUiKCcs6
Eintritt frei
Eine Vorabanmeldung ist nur zur Online-Teilnahme über ZOOM erforderlich.

Roundtable-Diskussion mit Karl-Heinz Gruber (Universität Wien), Julia Heinemann (Universität Wien/Unterbau Uni Wien), Amy Littleton (Referat Working Class Students, Universität Wien) und Michael Wild (Lehrer, Wien). Moderation: Martin Gumiela (RECET)

„Bildung wird in Österreich vererbt“. Solch prägnante Schlagzeilen schaffen es vor allem dann auf die Titelseiten der österreichischen Presse, wenn Österreich etwa in OECD-Studien im Vergleich zu anderen Industriestaaten (wiederholt) unterdurchschnittlich abschneidet. Tatsächlich wird darin unter anderem evident, dass das österreichische Bildungssystem in auffälligem Maße durch ungleiche Verteilung von Bildungschancen eher bestehende sozioökonomische gesellschaftliche Verhältnisse reproduziert, anstatt breitgefächerte soziale Aufstiegschancen zu ermöglichen. Letztendlich gilt in Österreich immer noch: Besitzen die Eltern akademische Bildungsabschlüsse, so ist die Wahrscheinlich deutlich höher, dass der Nachwuchs in seiner Bildungsbiografie ebenfalls einen akademischen Abschluss erreichen wird.

Gleichzeitig werden in den öffentlichen Debatten um die Ursachen der verschiedenen Verfehlungen des österreichischen Bildungswesens gerne jene Bildungssysteme als vorbildhaft herangezogen, die in den besagten internationalen Testformaten und Studien regelmäßig besser abschneiden. Die Politik gerät dabei unter Druck, bildungspolitische Maßnahmen so zu setzen, damit sie in absehbarer Zeit bessere Ergebnisse liefern. Doch wird damit nicht zugleich die Gefahr einer zunehmend unkritisch betriebenen evidenzbasierten Pädagogik verkannt? Und: Wie wirkt sich dies auf die alltägliche Praxis der Lehrkräfte in den Klassenzimmern aus?

Fest steht jedenfalls, dass Menschen bereits beim Eintritt in die Elementarbildung über unterschiedlich hohe Kapitalsorten (im Bourdieuschen Sinne) verfügen. Dabei sind es meist nicht isolierte einzelne Marker, die darüber bestimmen, wer wie wann im Bildungssystem Selektion erfährt; vielmehr wohnt den ungleich verteilten Zugängen zu Bildungsangeboten eine Intersektionalität inne. Gerade Studierende, die etwa nicht aus Akademiker*innenhaushalten stammen, sehen sich dann im tertiären Bildungssektor mit vielfältigen Hürden konfrontiert. Einerseits weisen sie zwar schon einen sozialen Bildungsaufstieg auf, doch dadurch können sie umso mehr Praktiken des Klassismus ausgesetzt werden. Damit muss zwangsläufig nicht nur die Frage gestellt werden, inwiefern Erfahrungen der Ungleichheit während des Studiums den erfolgreichen Abschluss einer akademischen Bildung gefährden, sondern zugleich, wie sich diese darüber hinaus auf den Verlauf beruflicher Karrieren in der Wissenschaft und in anderen akademischen Berufsfeldern auswirken.

 

Karl Heinz Gruber, geb.1942, o. Prof. für Vergleichende Erziehungswissenschaft im (Un)Ruhestand, begann seine akademische Laufbahn im Jahr 1965 als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Pädagogik der Universität Wien, wo er nach seiner Promotion 1970 Assistent, Dozent, außerordentlicher und ab 1986  ordentlicher Professor war. Unterbrochen war seine Lehrtätigkeit in Wien von sechs einjährigen Forschungsaufenthalten an der Universität Oxford sowie von mehrmonatigen Gastprofessuren und Fellowships an den Universitäten Harvard, Hiroshima, Kyoto, Graz und Klagenfurt. Prof. Gruber war sechs Jahre Mitglied des Governing Board des OECD Center for Educational Research and Innovation in Paris, zwei Jahre lang dessen Chairman. Im Zentrum seiner Forschungsinteressen standen und stehen die Strukturen, Wirkungsweisen und Reformen der Schulsysteme der hochentwickelten Länder, insbesondere Schwedens, Englands und Japans, sowie die Theorie und Praxis der universitären LehrerInnenbildung.

Julia Heinemann ist Historikerin am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit der Geschichte von sozialen Ungleichheiten, DisAbility, Geschlecht und Körper in der Frühen Neuzeit. Sie ist Co-Leiterin der interdisziplinären Forscher*innengruppe DisAbility Studies. Im Herbst 2022 hat sie die Initiative Unterbau Uni Wien mitgegründet, die sich gegen prekäre Arbeitsverhältnisse an der Universität Wien einsetzt. In ihrem Podcast "Aus dem Elfenbeinturm" interviewt sie mit ihrer Kollegin Julia Gebke Forschende diverser Disziplinen, um über die Uni hinaus Einblicke in das Arbeiten in der Wissenschaft zu geben.

Amy Littleton studiertPharmazie und Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Universität Wien und setzt sich zudem aktiv mit Klassismus auf Hochschulebene auseinander.  Als Referentin von “Working Class Students” bei der Österreichischen Hochschüler*innenschaft unterstützt Amy Littleton Studierende, die nicht aus einem Akademiker*innenhaushalt stammen und somit nicht nur in Lehrveranstaltungen, sondern auch im sozialen Umfeld, bei Beihilfen, Nebenjobs, Leistungsdruck und sozialer Vernetzung auf vielfache Hürden stoßen. 

Michael Wild unterrichtet seit 2019 Deutsch an einer Mittelschule in Wien. Er wuchs in einem zweisprachigen Ort im Burgenland (Deutsch/Burgenlandkroatisch) auf und nach der Matura an einer Handelsakademie schloss er 2019 sein Lehramtsstudium (UF Deutsch und Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung) an der Universität Wien ab. In seiner Diplomarbeit befasste sich Michael Wild mit dem Thema “Ethnizität als Konstruktion im Kontext von Nationalismus im ehemaligen Jugoslawien“. Darüber hinaus absolviert er gegenwärtig das Masterstudium “Interdisziplinäre Osteuropastudien“ an der Universität Wien.

Martin Gumiela studierte Geschichte und Deutsche Philologie (Lehramt) an der Universität Wien. Seit Juli 2021 ist er Doktorand am Research Center for the History of Transformations (RECET) und wissenschaftlicher Projektmitarbeiter (Phd-Candidate) des Forschungsprojektes „A Breach in the System: The "Polonia Firms" 1976-1994“ (FWF / National Science Center Poland- NCN).Im Rahmen seiner Dissertation forscht Martin Gumiela zu sogenannten österreichischen Poloniafirmen im späten staatssozialistischen Polen, also jenen Unternehmen, die offiziell von Angehörigen der polnischen Diaspora in Österreich geleitet wurden. Seine Forschungsinteressen liegen in der Zeitgeschichte Ostmitteleuropas, der Geschichte des Staatssozialismus und Systemtransformationen sowie der Emotionsgeschichte.

 

 

 

 

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