Roundtable: Freiheit in Zeiten von „Big Tech“ und „Big Data“

Das Verständnis dessen, was die Freiheit und das Wesen des Menschen ausmachen und wo die Grenzen der Benutzung des technischen Fortschritts liegen (sollten), wird bei Diskussionen rund um „Big Tech“ und „Big Data“ wie kaum woanders herausgefordert.

Die Auslegung des Begriffs Freiheit ändert sich in hier je nach Blickwinkel unentwegt. Die Freiheit der einen basiert hier oft auf der Unfreiheit und Kontrolle der anderen: Bedeutet das Benutzen der Freiheit als Konsument*innen einen sicheren und garantierten Zugang zur Amazon-Cloud zu haben, in Konsequenz das Unterstützen der beschränkten Freiheit, Kontrolle und schlechten Arbeitsbedingungen der Amazon Arbeiter*innen? Andere Fragen wirft die die Idee der „europäischen Cloud“ auf, die Europa freier und unabhängiger von US-Lösungen machen will, um nicht Opfer der dortigen Gesetzeslage zu werden: Die USA haben zwar sehr strenge Gesetze zum Datenschutz, die aber nur US-Bürger*innen und nicht Europäer*innen gelten. Sobald die Daten europäischer Staatsbürger*innen einen Server in den USA erreicht haben, bleiben sie unter seiner Kontrolle. Ist das vertretbar und was kann man dagegen machen? Das populärste Thema wären die Algorithmen - auf Big Data trainiert, verfolgen sie das Ziel, mehr über eine Person zu wissen als die Person selbst, mit all den Gefahren, die damit einhergehen.

Dies sind nur einige Beispiele für gegenwärtige Tatbestände, die zahlreiche (grundsätzliche) Fragen aufwerfen: Wo beginnt und endet die menschliche Freiheit in einer digitalen Welt? Was geschieht mit unseren Daten und was bedeutet das für uns? Welche neuen Ungleichheiten und Gefahren entstehen daraus? Wo liegt die Grenze zwischen einer niedrigschwelligen Möglichkeiten für alle, am Diskurs teilzunehmen, wie sie die sozialen Medien bieten, und der Verbreitung von Fake News? Diese und weitere Fragen erläutert und diskutiert das folgende Roundtable.

Janina Loh (geb. Sombetzki) ist promovierte*r Ethiker*in auf einer Stabsstelle Ethik bei der Stiftung Liebenau in Meckenbeuren am Bodensee. 2018 erschien von Loh die erste deutschsprachige Einführung in den Trans- und Posthumanismus (Junius, 3. Auflage 2020). 2019 publizierte Loh eine Einführung in die Roboterethik (Suhrkamp). Lohs Habilitationsprojekt entwirft eine Inklusive Ethik der Gefährt*innenschaft für die Wissensräume. Zu Janina Lohs engeren Forschungsinteressen zählen neben der Verantwortung, dem Trans- und Posthumanismus und der Roboterethik auch feministische Technikphilosophie, Theorien der Urteilskraft sowie Ethik in den Wissenschaften.

Sarah Kriesche ist seit 2010 Ö1 Wissenschaftsredakteurin. Der Fokus ihrer Beiträge liegt auf technischen Innovationen und ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft. Für die Ö1 Sendung "Matrix", "Digital Leben", "Radiokolleg" sowie "Wissen aktuell" und die Journale begleitet Sarah Kriesche die Fortschritte der IT in Industrie, Wirtschaft, Forschung und Politik.

Ole Nymoen studiert Soziologie und Wirtschaftswissenschaften in Jena und arbeitet als freier Journalist. Mit Wolfgang M. Schmitt veröffentlichte er 2021 das Buch Influencer. Die Ideologie der Werbekörper bei Suhrkamp. In ihrem gemeinsamen Podcast "Wohlstand für Alle" sprechen die beiden regelmäßig über Geld sowie ökonomische Ideengeschichte und politische Ökonomie.

Hannes Werthner ist Informatiker und emeritierter Professor für E-Commerce an der TU Wien. Von 2016 bis 2019 war er Dekan der Fakultät für Informatik. Vor seiner Tätigkeit an der TU Wien hatte er Professuren an österreichischen und internationalen Universitäten inne. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen E-Commerce und E-Tourismus, Recommender Systems und in der Netzwerkanalyse. Er war und ist aktiv an der Gründung neuer Initiativen beteiligt, wie der Vienna PhD School of Informatics, dem i2c (Informatics Innovation Center), der Initiative zur Unterstützung von Flüchtlingen welcome.TU.code und kürzlich der Digital Humanism Initiative. Seit 2011 vergibt die International Federation for IT and Tourism (IFITT) den "Hannes Werthner Tourism and Technology Lifetime Achievement Award" an herausragende WissenschaftlerInnen.

Moderation:
Magdalena Baran-Szołtys ist promovierte Literatur- und Kulturwissenschaftlerin und forscht am Research Center for the History of Transformations (RECET) und am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien zu Reisen, Ungleichheits- und Transformationsnarrativen, der Beziehung zwischen Literatur und Politik sowie Ostmitteleuropa. Davor war sie u.a. Visiting Scholar am Harvard Ukrainian Research Institute und lehrte Deutsch und Literatur an der University of Sydney.

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