Diese Veranstaltung ist Teil des RECET Festivals der Geschichts- und Sozialwissenschaften "Migration & Transformation".
Ort: Campus der Universität Wien („Altes AKH“), Festival-Zelt in Hof 1
Position des Zelts: https://goo.gl/maps/8FjYQNtdnaUiKCcs6
Von Territorialfragen und Wirtschaftsbeziehungen zu Menschenrechten im Mittelmeerraum – Grenzfragen prägen Europas Gegenwart und Zukunft. Wie sie dies tun, liegt auch daran, wie man sich ihre Vergangenheit vergegenwärtigt. Grenzen waren im sich einigenden Europa stets Gegenstand kontroverser Diskussionen und Ausdruck großer Spannungen zwischen Integration und nationaler Eigenständigkeit. In der politischen Debatte stehen sie für vielfältige Sicherheitsfragen mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Während in den ersten Jahrzehnten der europäischen Integration Sicherheit vor allem durch den Abbau von Zöllen, Migrationshindernissen und nationalen Souveränitätsansprüchen erreicht werden sollte, stehen heute zunehmend Migrationseinschränkungen und der Schutz der nationalen Souveränität im Mittelpunkt der Diskussion. Der vermehrte Rückgriff auf Grenzkontrollen und restriktive Maßnahmen ist damit kein schlichter migrationspolitischer Akt, sondern stellt grundlegende Fragen nach dem Verhältnis zwischen nationaler Eigenständigkeit und europäischer Solidarität neu.
Anlässlich des 30. Jahrestages der Umsetzung des Schengen-Abkommens und des EU-Beitritts Österreichs nimmt diese Podiumsdiskussion die langfristigen und gegenwärtigen Dynamiken der europäischen Grenz- und Migrationspolitik kritisch in den Blick. Was bedeuten diese Daten heute – markieren sie schlichte Jahrestage, festliche Jubiläen oder mit Blick auf Schengen gar Gedenktage? Im Kontext der Wanderausstellung „Willy Brandt: Freiheitskämpfer, Friedenskanzler, Brückenbauer“, die derzeit ihre letzte Station in Wien macht, diskutieren Anuscheh Farahat, Sabine Hess, Dirk Rupnow und Frank Wolff aus interdisziplinärer Perspektive über Bedeutung und Entwicklungslinien von Migrations- und Grenzpolitik im Rahmen der europäischen Einigung bis heute. Das Panel wird moderiert von der Publizistin Cathrin Kahlweit, der ehemaligen langjährigen Wien-Korrespondentin der Süddeutschen Zeitung.
Prof. Anuscheh Farahat studierte Rechtswissenschaften in Frankfurt, Paris und Berkeley. Ihre Promotion erfolgte 2011 an der Goethe-Universität Frankfurt a.M. Nach Stationen am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg und an der Goethe-Universität Frankfurt war sie von 2019 bis 2024 Professorin für Öffentliches Recht, Migrationsrecht und Menschenrechte an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und leitete die interdisziplinäre Forschungsgruppe „Transnationale Solidaritätskonflikte“ (2017–2024). Ihr Buch Progressive Inklusion: Zugehörigkeit und Teilhabe im Migrationsrecht (Springer Verlag, 2014) wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. 2021 erschien ihr Buch Transnationale Solidaritätskonflikte: Eine vergleichende Analyse verfassungsgerichtlicher Konfliktbearbeitung in der Eurokrise bei Mohr Siebeck. 2023 wurde Anuscheh Farahat zum Max-Planck-Fellow am MPI für Sozialanthropologie in Halle ernannt, wo sie derzeit ein Forschungsprojekt mit dem Titel “JUST MIGRATION: Labour migration regimes in transnationalised contexts” leitet. Seit März 2024 ist sie Professorin für Öffentliches Recht in seinen europäischen Bezügen an der Universität Wien. Sie forscht zu Fragen des nationalen und europäischen Verfassungsrechts, des nationalen, europäischen und internationalen Migrationsrecht, des Grund- und Menschenrechtsschutzes sowie der Verfassungsvergleichung mit einem besonderen Fokus auf Solidaritätskonflikten."
Prof. Sabine Hess ist politische Anthropologin und arbeitet als Professorin für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie an der Universität Göttingen. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Migrations-, Grenzregime- und kritische Rassismusforschung sowie kulturanthropologische Geschlechterforschung. In den letzten Jahren hat sie viele Projekte zu postkolonialer und postmigrantischer Erinnerungspolitik und kritischen Archivierungspraktiken gemacht. Sie ist Mitbegründerin des europäischen Netzwerks kritische Migrations- und Grenzregimeforschung und leitet seit 2018 als Direktorin das Centre für globale Migrationsforschung der Universität Göttingen.
Dirk Rupnow, Univ.-Prof. am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck und derzeit Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät, Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Wiener Wiesenthal-Instituts für Holocaust-Studien VWI, 2018 Konsulent für die Eröffnungsausstellung des Hauses der Geschichte Österreich, wiederholt Gast am Center for Advanced Holocaust Studies des USHMM, 2017 Distinguished Visiting Austrian Chair Professor an der Stanford University, 2022 Gastprofessor an der Hebrew University Jerusalem. Neuere Publikationen: (Hg. mit Eva Pfanzelter u.a.) Connected Histories. Memories and Narratives of the Holocaust in Digital Space, Berlin 2024; (Hg. mit Ina Friedmann) Zwangssterilisierungen und „freiwillige Entmannungen“ in Tirol und Vorarlberg 1938–1945, Innsbruck 2024; (Hg. mit Ingrid Böhler u.a.) Ver/störende Orte. Zum Umgang mit NS-kontaminierten Gebäuden, Wien – Berlin 2024; (Hg. mit Marc Landry) COVID-19 and Pandemics in Austrian History (Contemporary Austrian Studies 32), New Orleans – Innsbruck 2023, (Hg. mit Richard Hufschmied u.a.) ErinnerungsOrte weiter denken. In memoriam Heidemarie Uhl, Wien – Köln 2023; (Hg. gem. mit Marcus Gräser) Österreichische Zeitgeschichte - Zeitgeschichte in Österreich. Eine Standortbestimmung in Zeiten des Umbruchs, Wien-Köln 2021
PD Dr. Frank Wolff ist wissenschaftlicher Mitarbeiter (Forschung) der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung in Berlin und Privatdozent für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Osnabrück. Er forscht insbesondere zu Migration und Grenzen seit dem 19. Jahrhundert, zur globalen europäischen Geschichte, zur Geschichte der Arbeiterbewegung und der jüdischen Geschichte. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter Die Mauergesellschaft: Kalter Krieg, Menschenrechte und die deutsch-deutsche Migration 1961-1989 und gemeinsam mit Volker M. Heins Hinter Mauern: Geschlossene Grenzen als Gefahr für die offene Gesellschaf (beide Suhrkamp Berlin).
Cathrin Kahlweit hat Russisch und Politik in Eugene (USA), Tübingen, Göttingen und Moskau, danach an der Hamburger Journalistenschule studiert. Sie ist seit 1989 Redakteurin bei der Süddeutschen Zeitung. Sie war in verschiedenen Jahren in der außenpolitischen Redaktion, Korrespondentin für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland und in der innenpolitischen Redaktion mit Schwerpunkt Familien- und Gesellschaftspolitik in München. Nach einem Wechsel nach Berlin war sie Redaktionsleiterin der ARD-Talk-Show "Anne Will". Nach ihrer Rückkehr zur SZ war sie 2012 bis 2017 Korrespondentin für Zentraleuropa mit Sitz in Wien und von 2017 bis 2020 Korrespondentin für das Vereinigte Königreich mit Sitz in London. Seit September 2020 ist sie zurück in Wien als Korrespondentin für Mittel- und Osteuropa. Inzwischen arbeitet sie als freie Journalist und schreibt u.a. für den Falter.
Dieses Panel ist eine Kooperation mit der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung.