Belarussische Frauen zwischen Revolution und Krieg (2020-22): geteilte Verantwortung, neue Allianzen und Schwesterlichkeit

Das Research Center for the History of Transformations (RECET) an der Universität Wien und die Forschungsplattform "Transformations and Eastern Europe" veranstalten am 03.11.2022 ihren ersten "Transformativen Salon" im neuen Wintersemester. Der Begriff der Transformation wird nicht nur für postkommunistischen Staaten nach 1989, sondern angesichts der Gefährdung der liberalen Demokratie und des umfassenden sozialen Wandels auch für westliche Länder angewendet. Der Salon findet während des Semesters jeweils am ersten Donnerstag des Monats im Café Florianihof statt.

Im ersten Teil des Vortrages spricht Olga Shparaga aus ihrer Sicht über die Massenproteste in Belarus 2020 als einer Revolution-in-Progress. Praktiken der Solidarisierung und die Rolle der Frauen stehen dabei im Mittelpunkt. Im zweiten Teil des Vortrages geht es um die belarussische Gesellschaft in 2021-2022. Inwieweit ist Widerstand innerhalb von Belarus heutzutage möglich? Wie kämpfen die Hunderttausenden wegen politischer Verfolgungen geflohenen Belaruss*innen für die Demokratie in ihrem Land? Welche Rolle spielt dabei die feministische und Gender-Agenda?

Im Co-Referat spricht Magdalena Baran-Szołtys über (feministische) Protestbewegungen der letzten Jahre in Polen sowie über Chancen und Schwierigkeiten von feministischem Aktivismus generell.

Olga Shparaga, geboren 1975, lehrte Philosophie am European College of Liberal Arts in Minsk. Sie ist Mitglied der feministischen Gruppe des Koordinationsrats, des politischen Organs der Opposition gegen den Diktator Alexander Lukaschenko. Derzeit ist sie Fellow am Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM). Im Rahmen ihres Fellowships am IWM vertieft Olga Shparaga Konzepte wie fürsorgliche Solidarisierung, Schwesterlichkeit und neue soziale Allianzen jenseits der Identitätspolitik. Dabei spielen sowohl die Erfahrungen mit der COVID-19 Pandemie als auch die aktuelle Kriegssituation in Europa eine Rolle. Die Ausarbeitung der Begriffe der fürsorglichen Solidarität und der Sorge als politische Kategorie soll zur Bildung einer neuen Konstellation der sozialen Sicherheit in Europa, einschließlich Belarus und der Ukraine, beitragen. Im Jahr 2021 erschien Olga Shparagas Buch Die Revolution hat ein weibliches Gesicht beim Verlag Suhrkamp.

Magdalena Baran-Szołtys ist promovierte Literatur- und Kulturwissenschaftlerin. Sie forscht als Hertha Firnberg-Stipendiatin des FWF am Research Center for the History of Transformations (RECET) und am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien zu Ungleichheits- und Transformationsnarrativen sowie der Beziehung zwischen Literatur und Politik im Postsozialismus. Sie war u.a. Visiting Scholar am Ukrainian Research Institute der Harvard University, lehrte Deutsch und Literatur an der University of Sydney und arbeitete am Institut für die Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts der Universität Warschau. Anfang 2021 erschien ihre Monographie „Galizien als Archiv. Reisen nach (Post-)Galizien in der Gegenwartsliteratur“. Sie war Vorstandsmitglied des Frauen*Volksbegehrens in Österreich und gab 2020 gemeinsam mit Christian Berger das Buch „Über Forderungen. Wie feministischer Aktivismus gelingt“ (Kremayr & Scheriau) heraus. Seit Dezember 2021 ist sie Vorsitzende des Stiftungsbeirats der Gemeinwohlstiftung COMÚN.

An den Vortrag schließt sich eine öffentliche Diskussion an. Die Diskussion wird von Cathrin Kahlweit, der in Wien lebenden Korrespondentin der Süddeutsche Zeitung, moderiert.

Der Transformativer Salon findet am 3. November ab 19:00 im Café Florianihof in der Florianigasse 45, 1080 Wien, statt.

Für die Teilnahme vor Ort ist ab November keine Anmeldung mehr nötig. Bitte kommen Sie einfach vorbei, gerne auch in Begleitung! Um rechtzeitige Bestellung der Getränke und Speisen (bis 18:50) wird gebeten, damit der Vortrag später nicht gestört wird. 

Die Veranstaltung findet in der deutschen Sprache statt und wird online via Zoom übertragen.

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